Diesmal aus AZ München

 

Youtube-Video aus MünchenU-Bahn-Attacke: Das geschah davor, so ging es weiter

az03.02.2016 18:31 Uhr

 

Zu dem Video, das eine Auseinandersetzung in einer Münchner U-Bahnzeigt, kommen immer mehr Details ans Licht. Es stellt sich heraus, dass die Täter auch vor und nach dem Vorfall unangenehm aufgefallen sind. 

 

München – Es sind etwa 32 Sekunden, über die derzeit in München und darüber hinaus heftig diskutiert wird. So lange dauert das Video, das ein Augenzeuge von einer handgreiflichen Auseinandersetzung in der U1 in der Nähe der Haltestelle Sendlinger Tor gemacht und in den sozialen Medien veröffentlicht hat.

Darauf zu sehen ist, wie schon ausführlich berichtet, wie eine Gruppe von drei jungen Männern andere Fahrgäste angreift. Unmittelbar nachdem sich das Video am Montag im Internet viral verbreitet, es immer häufiger angesehen und geteilt wurde, konnte die Münchner Polizei noch nicht viel über den Sachverhalt sagen. Außer, dass man Kenntnis über den Vorfall habe und die Ermittlungen laufen.

Erste Erkenntnisse gab es dann am Dienstag. (Einen ausführlichen Bericht zu den Ermittlungen am Dienstag finden Sie hier.) Unklar war aber weiterhin, was passierte, bevor der Student auf den Aufnahmeknopf seines Smartphones drückte, was im Anschluss geschah und welchen strafrechtlichen Vorwurf man den drei Personen überhaupt machen kann. Jetzt ist es der Polizei gelungen, den Vorgang in der U1 zu rekonstruieren.

 Vor die Füße gespuckt, an den Po gefasst, gegen Scheibe geschlagen 

 

Demnach hat einer der drei Männer in der U1 Richtung Candidplatz einer älteren Frau aus München ohne erkennbaren Grund vor die Füße gespuckt. Als die gehbehinderte Dame und ihr Ehemann daraufhin aufstanden, habe er ihr an den Po gefasst und versucht, ihr ein Bein zu stellen. Anschließend setzten sich die beiden Herrschaften in ein anderes Abteil und erstatteten später Anzeige bei der Polizeiinspektion 32 in Grünwald.

Im U-Bahnwaggon gab sich der Mann, der die Dame bedrängt hatte nicht zufrieden, sprach eine junge Frau an und fasste ihr ins Haar. Nachdem sie ihm zu verstehen gab, sie in Ruhe zu lassen, schlug er gegen eine Fensterscheibe des Waggons. Das rief andere Fahrgäste auf den Plan, die daraufhin die Gruppe aufforderten, sich zu mäßigen.

Dann begann die Auseinandersetzung, die im Video zu sehen ist: Einer der drei Männer ging auf einen Fahrgast los, versuchte ihn zu schlagen und zu würgen. „Nur aufgrund couragierten Eingreifens weiterer Fahrgäste konnte die angespannte Situation entschärft werden.“, beschreibt die Polizei die Situation.

 

Das passierte nach dem Video: Weitere Pöbeleien in der U5

 

Am Hauptbahnhof stiegen die drei Männer in eine U5 Richtung Neuperlach um. Auch dort verhielten sie sich weiterhin agressiv und laut, so dass Fahrgäste eine Streife der U-Bahnwache auf sie aufmerksam machten. Aber auch vom Sicherheitspersonal ließen sie sich nicht zur Vernunft bringen und weigerten sich, ihre Fahrkarten vorzuzeigen.

Nur „unter Zwang“, wie die Polizei schildert, konnte man die drei Männer am U-Bahnhof Lehel aus dem Zug befördern. Anschließend kümmerten sich drei Polizeistreifen um die Feststellung der Personalien der Männer und entließen sie nach den polizeilichen Maßnahmen. Von den Vorgängen in der U1 wussten die Beamten zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

 

„Massendelikt“, das ohne die mediale Aufmerksamkeit gar nicht im Polizeibericht gelandet wäre

 

Mittlerweile ist klar, dass es sich bei den drei Tatverdächtigen um drei 19-, 20- und 25-jährige Asylbewerber aus Afghanistan handelt, die derzeit in München und im Umland untergebracht sind. Zwei von ihnen wurden bereits abgelehnt, das Verfahren des dritten läuft noch.

Wie bei jedem Fall, ermittelt die Polizei jedoch in alle Richtungen und prüft die Tatbestände „versuchte Körperverletzung“, „Nötigung“, „Hausfriedensbruch“, „Beleidigung auf sexueller Basis“ und „Leistungserschleichung“. Es handelt sich um „Massendelikte“, die in München tagtäglich sowohl von Ausländern als auch von Deutschen begangen würden – vor allem wenn Alkohol im Spiel ist. „Dabei handelt es sich allerdings um strafrechtlich sehr niederschwellige Tatvorwürfe, die zu keinen freiheitsentziehenden Maßnahmen führen“, sagt Polizeisprecher Thomas Baumann.

Auch Täter mit deutscher Staatszugehörigkeit kämen nicht ungeschoren davon. Sie müssten, wie die drei Afghanen, mit einer Geldstrafe rechnen. U-Haft ist in solchen Fällen nicht üblich. Die Polizei ermittelt, ob die Tatverdächtigen noch mehr angestellt haben. Sollte das der Fall sein, könnte dies sich strafverschärfend auswirken. Doch auch dann gilt eine Haftstrafe als unwahrscheinlich.

Ohne die enorme Aufmerksamkeit durch das Video und dem Aufschrei in den sozialen Medien, weil es sich bei den Tätern um Afghanen handelt, wäre davon wohl gar nicht im Polizeibericht berichtet worden. Die Polizei versucht, alle Zeugen und Betroffenen des Vorfalls zu ermitteln und zu befragen. Die junge Frau aus der U 1 hat sich inzwischen gemeldet, auch das ältere Ehepaar hat eine Aussage gemacht. Unklar ist, warum die drei Afghanen auf Krawall aus waren. Provoziert seien sie nicht worden, so die Polizei.

 

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